Geschichte & Geschichten
Eine geschichtslose Zeit ist eine gesichtslose Zeit. Insofern hat Nauders ein sehr markantes Gesicht. Der Ferienort am Reschenpass zeigt es gerne, wenn er auf eine bewegte und bewegende Vergangenheit zurückblickt.
Alle Wege führen zu den Römern und zwar über den Reschenpass. Denn mit der römischen Alpenstraße Via Claudia Augusta beginnt auch die Geschichte von Nauders. Wenngleich die erste Siedlung bereits in der Bronzezeit nachweisbar ist…
Die Anfänge
Nauders war der nördlichste Vorposten der rätischen Venoste (Vinschgau) gegen die Nachbarstämme des Inntals, die man als „Oeniates“ (Innanwohner) zusammenfasste und von denen sich der Name „Oeniatina Vallis, also Engadin, herleitet. Auf den Eroberungsfeldzug und die Besetzung Rätiens durch die Römer in den Jahren 16 und 15 v. Chr. kam das Gebiet unter römische Herrschaft, es folgte der Bau der Via Claudia Augusta. Eine in Alexandria gefundene Karte verweist auf die an der Via Claudia Augusta eingezeichnete Straßenstation „Inutrium“. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um das spätere „Nudres“, das 1150 urkundlich erwähnt wird. Der Ortsname Nauders jedenfalls entspricht einer noch weitgehend verborgenen, römischen Sprachschicht und wird den Veneto-Illyrern zugeschrieben.
Mit der Erorberung der Alpenländer durch die Römer wird die Provinz Rätien geschaffen. Viele Flurnamen, teilweise auch Familiennamen erinnern an die Romanisierung: Tantervals, Munt, Quadra, Kastelmunt, Labaun, Zadres, Verpiens, Vatals, Sates, Pazöl, Valdafuor, Compatsch, Pradanolf, Galstira, Dallamorta, Pardej, Feldrijauna, Partoangs, Turalei, Arsangs, Giamres, Selles, Riatsch, Spondelles.
Gericht Naudersberg
In den Gauen Kaiser Karls des Grossen herrschten die von ihm eingesetzten Grafen, die die Freien an den Mallstätten zu den Gerichtstagen versammelten. Im 10. Jahrhundert war Nauders bereits eines der vier Gerichte der Grafschaft Vinschgau. Nauders war ein Hoch- und Blutsgericht, die Urteile wurden in den Wiesen südlich von Nauders vollstreckt. Noch heute werden die Wiesen am Arsangsbach deshalb „Beim Hohen Gricht’“ genannt. Infolge der Teilung Tirols (1919) wurde das Gericht Naudersberg aufgelöst und dem Bezirksgericht Ried unterstellt. Naudersberg war einst der höchste Gerichtshof Österreich-Ungarns, aber nicht nach der Instanz, sondern nach der Höhenlage!
Pest & Katastrophen
Als die Pest sich im 14. Jahrhundert in Europa wütete, wurde das Dorf 1348 bis auf wenige Einwohner entvölkert. 1609 wurde Nauders durch eine Lawine verschüttet, 22 Häuser wurden weggerissen. 1880 schlugen die Elemente erneut zu: Ein Großfeuer verbrannte 83 Wohnhäuser und 72 Wirtschaftsgebäude.
Franzosenkriege
Nach einer langen Zeit der inneren Ruhe trugen 1799 die Koalitonskriege zwischen Napoleon und den verbündeten Österreichern, Preußen und Russen die Fackel des Krieges nach Nauders. Die Franzosen rückten im Dorf ein – es wurde geplündert, Einrichtungen wurden zerschlagen und alle Nahrungsvorräte in schändlicher Weise in den Bach geworfen.